Gestern war in Hähnlein die erste Versammlung gegen Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit. Ein Aufruf aller Fraktionen.
Gut so! Immerhin haben in Hähnlein bei der letzten Landtagswahl über 20% der Wähler ihre Stimme der sog. Alternative für Deutschland (AfD) gegeben.
Rund 250 Menschen waren dem Aufruf gefolgt. Erwartungsgemäß hielt auch Bürgermeister Sebastian Bubenzer (CDU) eine Rede. Dessen Parteivorsitzender Friedrich Merz lässt bekanntermaßen keine Gelegenheit aus, mit rechtspopulistischen Äußerungen die Mitte der Gesellschaft zu spalten (“kleine Paschas”, “Asylbewerber lassen sich die Zähne neu machen“ [3, 4]) und eine unsere Verfassung in Frage stellende sogenannte Leitkultur zu postulieren [7].
Herr Merz möchte mit seinen menschenfeindlichen und aufstachelnden Parolen seine CDU genau bei den Wählern andienen, die er glaubt, an die AfD verloren zu haben oder die er in Gefahr sieht, dort hin zu verlieren. Noch in 2018 wollte Merz die AfD halbieren [5], inzwischen ist sie mehr als doppelt so stark! Wähler die rechts wählen wollen, wählen AfD [1, 2].
Der Vorsitzende Merz und sein Generalsekretär Linnemann lassen keine Gelegenheit aus, um die vermeintlichen Ursachen der Umfrage- und Wahlerfolge der AfD als die Konsequenzen einer verfehlten Politik der Ampel in Berlin zu deklarieren. Merz erklärt die Grünen zum Hauptgegner, macht sie für eine “Volkserziehungsattitüde” verantwortlich [6]. Zugleich macht er Stimmung gegen Andersdenkende und Menschen, die nicht zu einer sogenannten Leitkultur nach seiner Fasson passen [7]. Noch 2017 wurde die sog. Leitkultur als das bezeichnet, was sie ist — als “pure rechte Stimmungsmache” [8].
Kurzum: Friedrich Merz projiziert Probleme auf Andersdenkende und andere demokratische Parteien. Er tritt damit in die Fußstapfen rechtspopulistischer bis nationalsozialistischer Parteien und macht aus der CDU eine schlechte Kopie der rechtsextremistischen AfD, die “AfD mit Substanz”, wie er es nennt.
Genau aus genau diesem Grunde bin ich dann zur Demonstration mit einem dazu passenden Schild, um an Herrn Bubenzer von der CDU eine Botschaft zu übermitteln.
Und diese Botschaft lautet: “Merz’ CDU ist mitgemeint”. Ob sich der Bürgermeister Bubenzer den populistischen Aussagen seines Parteivorsitzenden anschließen würde, weiß ich nicht. Deshalb war mir auch wichtig zu differenzieren und gezielt die “Merz’ CDU” anzusprechen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass auch die CDU als demokratische Partei einem stetigen Wandel unterliegt und auch heute noch Mitglieder hat, die ihren Vorsitzenden sehr kritisch sehen [12].
Bubenzer betonte in seiner Rede, dass man natürlich auch über die Ursachen des zunehmenden Rechtsextremismus sprechen dürfen müsse, wenngleich er es ausgelassen hat, seine Sicht auf eben diese Ursachen darzustellen. Dass auch CDU-Mitglieder Teilnehmer des Treffens von Rechtsextremisten in Potsdam waren [9], hat er selbstredend unerwähnt gelassen wie auch die populistischen Ausfälle seines Bundesvorsitzenden und das Durchbrechen der sog. Brandmauer durch die CDU [10].
Stattdessen hat Bubenzer gleich mehrfach betont, dass es ja neben der menschenverachtenden Haltung, die hinter dem Begriff der Remigration steckt, doch auch wirtschaftlich problematisch sei, wenn die vielen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland “remigriert” würden. Um dies zu untermauern, hatte er sich zuvor extra frische “Zahlen” von lokal ansässigen Betrieben eingeholt, um zu erfahren, dass deren Belegschaft aus mehr als 50% und bis zu 70% Menschen mit Migrationshintergrund bestehen würde.
Bei Bubenzers Rede entstand deshalb der Eindruck, als sollte der wirtschaftliche Nutzen von Menschen mit Migrationshintergrund gleichwertig neben der Menschenwürde platziert werden. Wenngleich eine utilitaristische Sicht keine ungewöhnliche in wirtschaftsliberalen Kreisen ist (siehe bspw. Verkürzung der Gymnasialschulzeit zu G8), zeigt sie vor dem Hintergrund des Versammlungsanlasses doch die Sicht und Prioritäten des CDU-Bürgermeisters Bubenzer.
Herr Bubenzer, selbst wenn die von Rechtsextremisten, Faschisten, AfD- und CDU-Mitgliedern diskutierte “Remigration” nur solche Menschen bedrohen würde, die keinerlei wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland hätten, handelt es sich bei dem Treffen von Potsdam trotzdem um die niederträchtigste und menschenverachtendste Versammlung von Nazis, die es seit Ende des zweiten Weltkrieges in Deutschland an das Licht der Öffentlichkeit geschafft hat.
Und seien Sie sich gewiss, Herr Bubenzer: Es sind nicht die den massenhaften Deportationen folgenden wirtschaftlichen Konsequenzen, die Millionen von Menschen auf die Straße bringen!
